Unter welchen Bedingungen dient der regulierte Wettbewerb Versicherten und Patienten gleichermassen?
Die Schweiz bietet ein einzigartiges Gesundheitssystem, das Wettbewerb und staatliche Regulierung kombiniert. Im Zentrum steht die obligatorische Krankenversicherung (OKP), welche allen in der Schweiz wohnhaften Personen Zugang zu den wichtigsten Gesundheitsleistungen garantiert. Darüber hinaus können Versicherte freiwillige Zusatzversicherungen abschliessen und nicht verschreibungspflichtige Leistungen selber bezahlen.
Das Schweizer Gesundheitssystem beruht auf dem Prinzip des regulierten Wettbewerbs. Wie beispielsweise in Deutschland oder den Niederlanden gibt es nicht eine einzige staatliche Versicherung, sondern rund 40 private Krankenkassen, die um Versicherte in der obligatorischen Grundversicherung konkurrieren. Diese umfasst einen vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) festgelegten, impliziten Leistungskatalog, der medizinisch wirksame, zweckmässige, und wirtschaftliche Behandlungen abdeckt. Die Krankenkassen sind verpflichtet, diese Leistungen zu decken und dürfen keine Abweichungen vornehmen.
Um sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zur medizinischen Versorgung haben, wird der Wettbewerb unter den Versicherern streng reguliert: Sie dürfen niemanden aufgrund von Vorerkrankungen ablehnen, und der sogennante Risikoausgleich verhindert, dass die Krankenkassen «Jagd» auf junge und gesunde Versicherte machen. Die Prämien können nur nach geographischer Region und drei Altersgruppen differenziert werden, welche zudem die Bewilligung des BAG erfordern. Gewinne dürfen die Versicherer in der OKP nicht schreiben, Überschüsse dürfen höchstens zur Bildung von Reserven verwendet werden.
Föderalismus im Schweizer Gesundheitssystem
Das Schweizer Gesundheitssystem ist föderal organisiert, was bedeutet, dass der Bund, die Kantone und die Gemeinden bestimmte Verantwortlichkeiten teilen. Der Bund legt die gesetzlichen Grundlagen fest, zum Beispiel durch das Krankenversicherungsgesetz (KVG) und definiert den Leistungskatalog der Grundversicherung. Die Kantone tragen eine wesentliche Verantwortung für die Gesundheitsversorgung, insbesondere im Bereich der Spitalplanung und -finanzierung sowie bei der Ausbildung von Gesundheitsberufen. Gemeinden übernehmen oft Aufgaben in der Gesundheitsprävention und Sozialhilfe, etwa bei der Unterstützung von Pflegeheimen und Altersdiensten. Durch diesen föderalen Aufbau können regionale Bedürfnisse berücksichtigt und flexibel auf lokale Herausforderungen reagiert werden.
Die Finanzierung des Schweizer Gesundheitswesens verteilt sich entsprechend auf verschiedene Akteure. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) trägt mit 40,9% den grössten Anteil. Private Haushalte übernehmen 22% der Kosten, hauptsächlich durch Selbstzahlungen. Der Staat steuert ebenfalls 22% bei (Kantone 17,1%, Gemeinden 3,3%, Bund 2,6%). Weitere private Finanzierungsquellen decken 13% der Ausgaben.
Zusätzlich zum Standardmodell, das eine Franchise von 300 CHF und freie Arztwahl umfasst, können die Versicherungen auch Wahlfranchisen bis zu 2500 CHF sowie alternative Modelle mit eingeschränkter Arztwahl anbieten. Diese Optionen bieten Versicherten die Möglichkeit von tieferen Prämien zu profitieren.
Die Preise für die Leistungen in der Grundversicherung sind dabei zentral festgelegt und gelten für alle Versicherungen gleichermassen. Das BAG setzt die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente direkt fest, während andere Leistungen von sogenannten Tarifpartnern – etwa Krankenversicherungsorganisationen mit Vertretern der Ärzteschaft – unter Aufsicht des BAG verhandelt werden. Die Zulassung von Leistungserbringern in der Grundversicherung liegt ebenfalls in der Verantwortung von Bund und Kantonen. Die Versicherer sind verpflichtet, die Leistungen zugelassener Anbieter zu vergüten.
11.7%